BERICHT EXPERTENTELEFON „Gebärmutterhalskrebs“ am 16.05.2013
„Humane Papillomviren, kurz HPV, können viele verschiedene Erkrankungen verursachen. Erwiesen ist, dass Infektionen mit bestimmten HPV-Typen für die Entstehung von Krebserkrankungen und deren Vorstufen am Gebärmutterhals, der Scheide, des äußeren weiblichen und männlichen Genitalbereichs verantwortlich sind“, erklärt Professorin Dr. med. Monika Hampl. Übertragen werden die HP-Viren durch Haut- bzw. Schleimhautkontakt beim Petting oder beim Geschlechtsverkehr. Selbst „Safer Sex“ mithilfe von Kondomen bietet keinen ausreichenden Schutz. „Bei konsequenter Verwendung können Kondome zwar die Ansteckungsgefahr mit HPV verringern, aber nicht vollständig verhindern“, sagt Dr. med. Ina Ilkhanipur. Sie rät gemeinsam mit den anderen beiden Experten ausdrücklich zur Impfung gegen bestimmte HP-Viren. Es gibt zwei Impfstoffe zum Schutz vor den HPV-Typen 16 und 18. Diese Hochrisiko-HPV-Typen sind für rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. Laut Aussage der Mediziner gehören die HPV-Impfstoffe zu den am besten erforschten hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die hohe Wirksamkeit der Impfstoffe in der Verhinderung von HPV 16- und 18-bedingten Gebärmutterhalskrebsvorstufen und die gute Verträglichkeit der Impfstoffe sind nach Worten von Professorin Hampl ausschlaggebend für die offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Die STIKO empfiehlt zur Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs eine generelle Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV-Typen 16, 18) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren.
Sehr gutes Sicherheitsprofil
Weltweit wurden bisher über 100 Millionen Impfdosen ausgeliefert. Und eine umfangreiche Datenauswertung einer US-amerikanischen Krankenkasse bestätigt das sehr gute Sicherheitsprofil: Bei ca. 190.000 geimpften Mädchen wurden keine gravierenden Nebenwirkungen wie Autoimmunerkrankungen oder venöse Thrombosen im Zusammenhang mit der Impfung gegen bestimmte HPV-Typen beobachtet. Hinzu kommt, dass einer der beiden verfügbaren HPV-Impfstoffe auch Genitalwarzen vorbeugen kann. Solche stecknadelkopfgroßen, weißlichen oder rötlichen bis schwarzen Knötchen im weiblichen und männlichen Intimbereich werden ebenfalls durch eine Infektion mit bestimmten Humanen Papillomviren verursacht.
Effektiver Schutz vor Erkrankungen
„Eine gute Gelegenheit, um Jugendliche gegen bestimmte HP-Viren zu impfen, ist die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 beim Kinder- und Jugendarzt oder Hausarzt. Diese wird für Mädchen und Jungen zwischen 12 und 14 Jahren kostenlos angeboten“, erläutert Dr. med. Burkhard Ruppert. Aber auch der erste Besuch beim Frauenarzt bietet sich an, um über die HPV-Impfung zu sprechen. Um einen effektiven Schutz vor Erkrankungen, die durch bestimmte HP-Viren verursacht werden, zu bieten, sollte die Impfung früh erfolgen. Konkret heißt das, vor den ersten sexuellen Erfahrungen. Denn der Effekt der Impfung ist am größten, wenn die Mädchen noch nicht mit HPV in Kontakt gekommen sind. Jedoch macht die Impfung auch bei Frauen Sinn, die schon Geschlechtsverkehr hatten: „Das bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass sich diese Frauen sofort mit den Viren anstecken. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass sie sich bereits mit allen HPV-Typen infiziert haben, vor denen die Impfung schützen kann“, führt Professorin Monika Hampl aus. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Impfkosten für Mädchen von 12 bis 17 Jahren. Viele Kassen erstatten laut Hampl die Kosten sogar für die HPV-Impfung bis zum 27. Geburtstag – Nachfragen lohnt sich also.
Auch für Jungen empfohlen
Weil auch Jungen sich mit HPV anstecken und die HP-Viren übertragen können, befürwortet die Impfkommission aus Sachsen (SIKO) seit Anfang 2013 ebenso die HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen für Jungen, bevorzugt im Alter von 12 bis 17 Jahren. Zunehmende Krebserkrankungen im Kopf-Halsbereich, Krebserkrankungen im Ano-Genitalbereich und ebenfalls HPV-bedingte Genitalwarzen treten auch bei Männern auf. „Da nur rund 40 % der Mädchen in Deutschland geimpft sind, ist ein Bevölkerungsschutz nicht zu erwarten. Es ist daher ethisch kaum zu vertreten, warum Jungen bzw. Männer von einer Impfung ausgeschlossen werden, die nachweisbar auch bei ihnen wirksam und sicher ist“, betont Dr. med. Burkhard Ruppert. Er weist darauf hin, dass die Impfung über Jahre hinweg wirkt: „Zwei große Nachbeobachtungsuntersuchungen belegen, dass die HPV-Impfung gegen bestimmte HPV-Typen einen lang anhaltenden Impfschutz bietet.“ Dennoch ersetze die HPV-Impfung nicht die regelmäßige Vorsorge beim Frauenarzt, wie Professorin Hampl erläutert: „Da die Impfung nicht vor allen HPV-Typen schützen kann, bleibt die regelmäßige Teilnahme an den Krebsfrüherkennungsuntersuchungen beim Gynäkologen wichtig.“
INFOKASTEN
Weitere Informationsquellen für Interessierte:
- www.frauenaerzte-im-netz.de – Auf der Homepage des Berufsverbandes der Frauenärzte und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe werden der Gebärmutterhalskrebs, seine Entstehung und die Vorbeugung durch Impfung und Früherkennungsuntersuchungen unter „Krankheiten A-Z“ erläutert.
- www.tellsomeone.de – Eine Informationsseite über Gebärmutterhalskrebs, seine Vorstufen und die HPV-Impfung.
- www.krebsinformationsdienst.de – Der Informationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums informiert unter „Krebsarten“ ausführlich über Gebärmutterhalskrebs und die HPV-Impfung, außerdem gibt es eine Telefonnummer für alle Fragen zum Thema Krebs: 0800 - 420 30 40. Anrufe aus Deutschland sind gratis.
- www.krebshilfe.de – Der Vorbeugung und Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs ist auf der Homepage der Deutschen Krebshilfe unter dem Button „Wir informieren / Über Krebs / Häufige Krebsarten“ ein eigenes Kapitel gewidmet.
- www.maedchen-checken-das.de – Eine Initiative der Deutschen Krebshilfe, in der es um gesunde Lebensweise und um die Impfung gegen HPV geht – unter anderem in einem Video zum Herunterladen.
- http://www.kbv.de/j1.html – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung informiert ausführlich über die Jungendgesundheitsuntersuchung.
Am Telefon saßen:
Dr. med. Burkhard Ruppert, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin und Impf-Experte
Dr. med. Ina Ilkhanipur, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Gernsbach, Expertin für Kinder- und Jugendgynäkologie
Prof. Dr. med. Monika Hampl, leitende Oberärztin der Frauenklinik am Universitätsklinikum Düsseldorf, u. a. Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Arbeitsgemeinschaft für Infektionen und Infektionsimmunologie in der Gynäkologie und Geburtshilfe (AGI) sowie der Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Onkologie (AGO) und hier Vorsitzende der AGO Kommission Vulva / Vagina
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